Laut Studie: Schädlicher Qualm im Nichtraucherbereich

Philipp Stottan

Dipl. Ing. Peter Tappler und OA Assoz. Prof. DI Dr. Hans-Peter Hutter © Philipp Lipiarski

Eine aktuelle Studie, die von der IBO Innenraumanalytik OG in Zusammenarbeit mit ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt (ÄGU) in gemischten Wiener Raucher-/Nichtraucherlokalen durchgeführt wurde, bringt erschreckende Ergebnisse: Alle bis auf eine der untersuchten Gaststätten (96 Prozent) verstoßen gegen die aktuellen, gesetzlichen Vorgaben des Nichtraucherschutzes.

Dass Passivrauch ein relevantes Gesundheitsrisiko ist, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits vor etlichen Jahren belegt. Dass deutlich erhöhte Konzentrationen an Feinstaub aber nicht nur in Raucher-, sondern auch in Nichtraucherbereichen messbar sind, zeigt eine aktuelle Erhebung in Wiener Raucher-/Nichtraucherbetrieben.

Gesundheitliche Belastung auch dort, wo nicht geraucht wird

Die neuen Erkenntnisse der quantitativ untersuchten Raucher-/Nichtraucherlokale im 15. Wiener Gemeindebezirk sind ernüchternd: 27 von 28 untersuchten Wiener Gaststätten verstoßen gegen die Vorgaben des aktuell geltenden Tabakgesetzes. Die gefährlichen, feinen Nanopartikel sind nicht nur in Raucherbereichen, sondern auch in Nichtraucherbereichen in stark erhöhter Konzentration vorhanden. Bis zu 110.000 Feinstaub-Teilchen pro cm³ wurden in Nichtraucherbereichen gemessen. Zum Vergleich: In einem reinen Nichtraucherlokal befinden sich meist unter 5.000 Partikel pro cm³.

Sind Nichtraucherbereiche in Raucher-/Nichtraucherlokalen sinnlos?

Untersucht wurden insbesondere die drei Säulen des Nichtraucherschutzes: (1) Sind die Raucher- und Nichtraucherbereiche sichtbar gekennzeichnet? (2) Gibt es eine räumliche Trennung zwischen den Bereichen und (3) ist man im Nichtraucherbereich vor schädlichen Rauchinhaltsstoffen geschützt?
Das Ergebnis: Bei rund 64 Prozent der Betriebe gab es aufgrund fehlender Türen oder Trennwände (11 Prozent) bzw. ständig offen stehender Türen (54 Prozent) keine effektive Trennung. Drei Viertel der Unternehmen kennzeichneten die Bereiche nicht gut sichtbar und das prekärste Ergebnis: In 26 Betrieben – also rund 93 Prozent – gab es gesundheitsschädliche Konzentrationen an Feinststaub in den Nichtraucherbereichen, ausgelöst durch Passivrauch.

Hohes Schädigungspotenzial durch winzigste Staubteilchen

Feinste Nanopartikel sind besonders gefährlich, weil sie tief in die Lunge vordringen können. Die Inhalation dieser Partikel kann bei jedermann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben.
Im Hinblick auf die Studienergebnisse kommentiert Facharzt Prof. DI Dr. Hans-Peter Hutter, ÄGU-Sprecher: „In Österreich besteht schon rein aus gesundheitlichen Gründen seit Jahren dringender Handlungsbedarf – Stichwort Arbeitnehmerschutz. Aus anderen Ländern ist bekannt, dass die Zahl an Herz-Kreislaufkrankheiten deutlich sinkt, wenn in Gastronomiebetrieben nicht geraucht werden darf .“

Dipl. Ing. Peter Tappler, Innenraumklimatologe und Geschäftsführer IBO Innenraumanalytik OG, abschließend: „Da der Nichtraucherschutz in den von uns untersuchten Lokalen de facto kaum gegeben ist, muss die gegenwärtige Gesetzeslage in Österreich aus unserer Sicht als unzureichend eingestuft werden.“

Don’t Smoke-Volksbegehren

Passend dazu läuft gerade das Don’t Smoke-Volksbegehren, welches nun schon 402.380 Unterstützer vorweisen kann. Die Regierung hat zuletzt jedoch verlautbart, an ihrem Bestreben das für Anfang Mai angesetzte Nichtrauchergesetz stürzen zu wollen. Zu den Folgen des Volksbegehrens wollte man sich nicht konkret äußern, allerdings sei direkte Demokratie ihnen weiterhin sehr wichtig. Die kommenden Wochen und Monate werden weisen, was hinter diesen kryptischen Aussagen wirklich steckt.

Für alle Interessierten, die die ganze Studie lesen wollen: http://www.innenraumanalytik.at/nichtraucherschutz_gastronomie_2018.pdf

Update: Die SPÖ gemeinsam mit der Arbeiterkammer möchte nun vor dem Verfassungsgerichtshof klagen. Denn die Ausnahme bei Gastronomie-Mitarbeitern, die auch in Raucherbereiche arbeiten müssen, ob sie nun Raucher sind oder nicht, dürfte einer Klage wohl nicht standhalten. Dies widerspricht dem garantierten Schutz der Gesundheit, weshalb die Arbeiterkammer und die SPÖ dies nun prüfen und wenn möglich vor Gericht ziehen. Ein Drittel der Abgeordneten im Nationalrat reicht hierfür bereits aus.

Weiteres Update: Immer mehr Lokale bleiben freiwillig rauchfrei und nachdem die türkis-blaue Regierung das absolute Rauchverbot stürzen will, ist die kollektive Einstellung: Jetzt erst recht! Rund ein Drittel der knapp 10.000 Gastronomiebetriebe in Wien sind bereits rauchfrei, meint Obmann der Fachgruppe Gastronomie der WKO Peter Dobcak. Allerdings sind nicht alle davon freiwillig. Viele Lokale wollen jetzt auf rauchfrei umsteigen, weil immer wieder Privatpersonen wegen nicht eingehaltenen Raucherschutzbestimmungen Anzeige erstatten.