Vom richtig falschen Huhn – Fleisch oder Vleisch?

Andrea Wieger

Es ist nicht zu leugnen, dass man die vielen verschiedenen asiatischen Richtungen beim Essen oft gar nicht mehr auseinander halten kann. Ein Grund dafür sind meiner Meinung nach oft Lokale, die mehrere asiatische Küchenstile im Repertoire haben, was sich nicht immer als Vorteil entpuppt. So auch das „Vlaire Uisine“ in der Otto-Bauer-Gasse in Wien Mariahilf. Die Chefin Claire Chang ist Taiwanesin, somit wird hauptsächlich Taiwanesisches gekocht, doch auch thailändisches, koreanisches und chinesisches Essen ist hier zu haben. Und jetzt kommt der Clou der ganzen Geschichte und somit der große Unterschied zu vielen anderen Asia-Restaurants: alle Speisen sind vegetarisch, viele davon vegan. Also nix mit “acht Schätze“ oder Peking Ente.

Individuell

Da die Straßenfront relativ kurz ist, wäre ich fast daran vorbeigegangen, an dem Lokal mit dem etwas seltsamen Namen. Das V für vegetarisch ersetzt den Anfangsbuchstaben des Vornamens Claire und bei Uisinie fehlt doch noch ein C vorne? Ob sich das jeder merken kann? „Vegetasia“ ist diesbezüglich natürlich der Supername (da weiß man gleich was Sache ist), doch dieser Name ist bereits seit Langem vergeben, an das überhaupt erste vegetarische Asia-Lokal Wiens, das von Claire´s Mutter eröffnet und von Claire´s Schwester jetzt geführt wird. Idee ist jedenfalls die Gleiche: kein Fleisch, kein Fisch, keine Geschmacksverstärker, kein Glutamat, sehr ausgewählte Zutaten und frische Zubereitung sollen es sein. Klingt vielversprechend.

Die violette Veggie-Welt

Wie schaut´s aus im Vlaire Uisine? Lila schauts aus. Und so gar nicht mehr unscheinbar wie vielleicht von draußen: ein lila Boden, ein großer Kristallleuchter als Hingucker, blau-violette Deckenbeleuchtung, ein Fadenvorhang als Raumtrenner, eine schöne weiße Steinwand sowie lila und gold-schimmernde Sesselbezüge. Eine fast schon kitschige asiatisch-cleane Lila-Welt. Aber (und das ist ein großes Aber) – Frau Chang hat ein sehr gutes Auge für Details, mit deren Hilfe der ganze Raum ein gutes Stück gemütlicher wird. Was ein paar Kerzen hier und ein paar Blumen da ausmachen können. Auch das offene Fenster in die Küche, durch das man es immer wieder brutzeln hört, sorgt für eine heimelige Stimmung in dem kleinen Lokal, das in etwa 35 Gästen Platz bietet.

Sojaschnetzel & Co

Im Vlaire Uisine isst man also wirklich komplett fleischlos. Eine kurze Verwunderung, warum dann doch Garnelen auf der Karte stehen, blieb trotzdem nicht aus. Ah! Falsche Garnelen! Und falsches Hühner- und Rindfleisch! Erklärung: Das “HühnerVleisch“ wird aus gepresstem Soja gemacht, das “RindVleisch“ aus Shiitake-Pilzen, „falscher“ Fisch aus feinen Soja- & Seetangblättern und falscher Schweinespeck – ja, sogar das gibt’s – aus geräuchertem Soja mit Korallen-Algen. Hui, da staune ich mal nicht schlecht bei dieser recht extravaganten Auswahl. Und wie schmeckt´s? Wir ließen uns von der Chefin überraschen: erstmal als Vorspeise einen Avocadosalat mit eben genannten Garnelen, Cashews und knusprigen Faden-Nudeln obendrauf. Cremige Avocado, sehr sehr gute Marinade mit Thai-Basilikum, die falschen Garnelen schmeckten gut, haben allerdings durch die recht dicke Panier wenig Eigengeschmack durchsickern lassen. Ebenso das mit Sojasauce servierte Crispy Chicken – braune Knusperklumpen, interessant und irgendwie süßlich (als wär Lebkuchengewürz drin, doch das Rezept ist geheim) – aber das falsche Fleisch konnten wir noch immer nicht definieren. Dafür aber jetzt, die Hauptspeise: Ebenfalls knuspriges Huhn, nur diesmal feine Scheiben aus einem großen Teil Fleischersatz runtergeschnitten, auf Wok-Gemüse und weißem Reis angerichtet. Ein bisschen wie Außerirdische, die zum ersten Mal Essen vom Planeten Erde sehen, müssen wir ausgesehen haben, so wie wir das „Huhn“ beäugt haben. Schaut tatsächlich aus wie Huhn, schmeckt auch fast so. Faszinierend. Das grüne Curry mit “RindVleisch“ war dann nicht ganz so mein Geschmack. Das Gemüse und die cremige Currysauce zwar fein abgeschmeckt, doch dieser Ersatz aus Shiitakepilzen – naja. Ich muss an dieser Stelle festhalten, dass ich ja sehr wohl richtiges Fleisch esse. Zwar nicht sehr viel, aber wenn dann halt “gscheit“ und mit Genuss. Für das vegetarisch oder vegan lebende Volk mögen gepresste Shiitakepilze als Fleischersatz  ja durchaus köstlich sein, doch … so ein gutes Steak … eh schon wissen. Die Nachspeise war wieder sehr lecker: Kokos-Pudding aus Tapiokakugeln mit herrlich erfrischender Mangosauce darauf. Ja, ein typisches und leckeres Asia-Dessert.

Tees, heiß oder kalt

Das Vlaire Uisine hat ein paar interessante Getränke auf Lager. Ein paar Aloe Vera-Wellnessdrinks, ein paar asiatische Teesorten (unbedingt den Crysanthemen-Tee mit Goji-Beeren probieren!), ein paar edle rote und weiße Tropfen aus Niederösterreich und dem Burgenland und verschiedene asiatische Biersorten. Fein!

Mein Fazit:

Liebe zum Detail und sehr zuvorkommende, persönliche Betreuung (bei all den anderen Gästen auch) – das fiel mir auf Anhieb auf. Claire Chang, die stets selbst ihre Gäste verwöhnt, ist eine sehr herzliche Person und legt viel Wert auf ein freundliches, fast schon familiäres Ambiente. Preislich ist das Restaurant im mittleren bis höheren Segment einzuordnen, was angesichts der teils recht extravaganten Gerichte aber gerechtfertigt ist. Ob Fleischesser, Flexitarier, Vegetarier, Veganer – all jenen, die sich für eine etwas ausgefallenere asiatische Küche begeistern, kann ich das Vlaire Uisine weiterempfehlen.

 

Vlaire Uisine

Otto-Bauer-Gasse 25

1060 Wien

Tel. 0676/ 66 74 228

www.vlaire-uisine.at

Geöffnet: Montag & Mittwoch bis Sonntag 11:30 – 15:00, 17:30 – 23:00

Dienstag geschlossen