Mino Zaccaria: „Was ich den Wienern gerne einmal sagen würde…“

Wien (Culinarius) – Italienisch essen in Wien? Sollte man diesem Wunsch nachgehen wollen, so stehen einem viele Türen offen. Wer viel Wert auf Authentizität legt, fährt dafür in den ersten Bezirk, wo sich das Ristorante „Procacci“ und die „Cantinetta Antinori“ befinden. Das „Procacci“ steht mit seiner Küche für Trüffel-Delikatessen, selbstgemachte Pasta und hervorragende Weinkultur;  die „Cantinetta“ verzaubert ihre Gäste mit toskanischem Charme und den Weinen der Familie Antinori. Mino Zaccaria ist seit 2009 von beiden Restaurants Geschäftsführer und spricht im Interview mit uns genauso leidenschaftlich über seine Arbeit, wie er sie auch lebt.

Der aus Apulien stammende Mino Zaccaria arbeitete zu Beginn seiner Karriere in 5 Sterne Hotels in Italien, wollte dann jedoch etwas von der Welt sehen und kam so über Paris, London und München in die österreichische Hauptstadt, in die er sich sofort verliebte. Zunächst war Zaccaria als Service-Chef im „Ambassador“ bei Toni Mörwald tätig, wo er 2007 vom Falstaff zum „Maître des Jahres“ gekürt wurde. Diese Auszeichnung wird an Gastgeber verliehen, die ihre Berufung leben und es somit schaffen, ihren Gästen jegliche Wünsche von den Augen abzulesen. Was einem sofort auffällt ist, dass Mino Zaccaria diesen Preis auch heute immer noch verdienen würde.  Dies dürfte auch Herrn KR Milde vom Freizeit Journal nicht entgangen sein, denn im Jänner 2014 wurde Herrn Zaccaria der Titel „Kulinarischer Botschafter Italiens“ verliehen.

Dem Hotel „Ambassador“ verlieh er sieben Jahre seine Handschrift. Danach stieg der erfolgreiche Gastronom 2009 in das Geschäft der Familie Antinori ein und führt seitdem die Restaurants „Procacci“ und „Cantinetta Antinori“. Seinen langgehegten Traum von einem eigenen Lokal erfüllte er sich 2011, als er zusammen mit einem Partner das „Amarantis“ in der Babenberger Straße eröffnete. Innerhalb kürzester Zeit gelangte dieses zu hohem Ansehen und wurde mehrfach ausgezeichnet. Trotz dieser Tatsache entschied sich Mino Zaccaria nur zwei Jahre später, aus dem Projekt wieder auszusteigen; den Grund dafür nennt er im Interview mit Gastronews Wien. Weiters verrät Herr Zaccaria, in welche Zeit er gerne zurückreisen würde, warum er einst mit Tomaten beworfen wurde und was er den Wienern gerne einmal sagen möchte…

Gastronews Wien: „Ihre Karriere in Wien starteten Sie im ‚Ambassador’ bei Toni Mörwald, was konnten Sie aus dieser Zeit mitnehmen?“
Zaccaria: „Toni Mörwald lernte ich damals in München kennen, als ich dort im ‚Tantris’ gearbeitet habe. Er kam öfter als Gast in unser Restaurant und fragte mich nach einiger Zeit, ob ich mir nicht vorstelle könnte, in sein Projekt in Wien einzusteigen. Hier liegt der Grundstein meiner Wiener Ära, wobei es zunächst eine Herausforderung war, mich mit dem Wiener Dialekt auseinanderzusetzen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass an meinem dritten Tag ein Gast einen Einspänner bestellte, stattdessen habe ich verstanden ich solle mich entspannen. Dies sorgte für allgemeine Erheiterung. Von derlei Sprachproblemen konnte ich mich jedoch schnell entfernen und wir hatten das Glück, viele Erfolge im ‚Ambassador’ feiern zu dürfen. Dieses Restaurant hat mir meine persönliche Bühne beschert, auf der ich unter anderem die wichtigsten Leute in Österreich kennen lernen durfte – ich kann also mit Fug und Recht behaupten, viele tolle Erfahrungen aus dieser Zeit mitgenommen zu haben.“

„Sie arbeiteten bereits in Paris, London und München. Warum haben Sie sich dann dazu entschlossen, hier in Wien zu bleiben?“
Zaccaria: „Ursprünglich hatte ich das Ziel nach New York zu gehen, da es immer mein Traum war, in dieser pulsierenden Stadt zu arbeiten. Wien hingegen ist zwar groß, ist aber teilweise mit ländlichem Idyll bedacht und genau das empfinde ich als sehr charmant! Ich habe mich in Wien sehr schnell eingelebt, großartige Menschen kennen gelernt und Wien als Stadt hat mir unglaublich viel gegeben – deshalb bin ich hiergeblieben.“

„Wie kam es dazu, dass Sie 2009 Geschäftsführer vom ‚Procacci’ und der ‚Cantinetta Antinori’ wurden?“
Zaccaria: „Schon im Jahr 2006, als das ‚Procacci’ noch nicht geöffnet hatte, kam die Familie Antinori mit der Frage auf mich zu, ob ich als Geschäftsführer einsteigen möchte. Meine Antwort damals war Nein, weil ich die Kostenpyramide als zu kompliziert empfand. Ich hätte sehr gerne für sie gearbeitet, jedoch mit einer anderen Struktur. Innerhalb von drei Jahren wurde diese Struktur geändert, daraufhin stieg ich ins Geschäft ein. Es erfüllt mich mit Stolz, die Familie Antinori in Österreich zu repräsentieren.“

„Wie verbringen Sie einen freien Tag?“
Zaccaria: „Um zu entspannen gehe ich gerne schwimmen und verbringe meine Wochenenden, die ich zur Verfügung habe, mit meiner Familie. Nicht immer ist es in unserer Branche einfach, Zeit dafür zu finden, denn unser Gewerbe der Gastronomie ist es natürlich schwierig Zeit dafür zu finden, denn unser Gewerbe ist einfach anders. Ich liebe es dennoch!“

„Welche besondere Fähigkeit haben Sie?“
Zaccaria: „Ich denke, meine Gastgeber-Fähigkeiten sind angeboren – ich spiele keine Rolle; das bin einfach nur ich.“

„Wie unterscheiden sich das ‚Procacci’ und die ‚Cantinetta’?“
Zaccaria: „Alles, was wir in der ‚Cantinetta’ tun, ist zu zu 99,9% toskanischen Ursprungs. Unsere Gäste werden von einem Kellner aus der Toskana betreut, die Paradeiser, die sie essen kommt auch von dort und sie befinden sich in einem durch und durch toskanischen Ambiente. Für mich entstehen dadurch Emotionen. Wir leben davon, dass wir genau solche „Emozioni“ wecken und nicht „nur“ gutes Essen und gute Weine servieren.

Das ‚Procacci’ hingegen ist ein jüngeres, dynamisches Lokal im Herzen von Wien mit einer Weinbar und einer ambitionierten und bodenständigen Küche, die nicht nur toskanisch ist, sondern alle kulinarischen Einflüsse Italiens umfasst. Unsere Gäste haben die Möglichkeit viele Weine zu probieren, die in diesem Umfang sonst nirgends angeboten werden. Die Atmosphäre ist dort etwas ungezwungener und man kann durchaus leger in Jeans und T-Shirt seinen Tag oder Abend ausklingen lassen.

Das Klientel der Restaurants unterscheidet sich etwas: Im ‚Procacci’ sind wir angespornt, ein jüngeres Publikum anzusprechen, das sich sonst in Clubs wiederfinden würde. In der ‚Cantinetta’ hingegen sind manche Familien bereits seit Jahrzehnten unsere Gäste; es ist durchaus möglich, dass sich an einem Tisch vier Generationen einfinden.“

„Wenn Sie eine Zeitmaschine hätten, zu welchen Zeitpunkt in der Vergangenheit würden Sie zurückreisen und warum?“
Zaccaria: „Ich liebe Musik, deshalb kann ich mir gut vorstellen, in der Zeit von Salieri und Mozart für sie den Gastgeber zu spielen. Es ist ja überliefert, dass Mozart sehr gerne gut gegessen hat und aufgrund der Tatsache, dass sein Meister Italiener war, viel Zeit dort verbrachte. Ich hätte sie sehr gerne mit italienischem Essen verwöhnt. Ich finde die Verbindung zu meinem Leben spannend, da beide Herren, so wie ich, auch in Wien gelebt haben.“

„Warum haben Sie sich dazu entschieden, Gastronom zu werden?“
Zaccaria: „Mein Berufswunsch als Kind war der des Musikers, jedoch wurden meine Band und ich bei unserem ersten Auftritt leider mit Paradeisern beworfen, was meiner  Musikerkarriere ein schnelles Ende setzte. Mit 9 Jahren begann ich meine Familie zu unterstützen, indem ich in einer Bar arbeitete. In Italien war derlei ganz normal. Jedes Kind hatte die Pflicht, neben der Schule einen Beruf zu erlernen, oder zumindest die Familie zu unterstützen. Dadurch hatte ich das Glück, sehr früh zu erkennen, dass der Beruf des Gastronoms viel eher mein Traum war, als der der Musik.“

„Zwei Jahre lang waren Sie Miteigentümer des Restaurants ‚Amarantis’, warum sind Sie 2013 aus diesem Projekt wieder ausgestiegen?“
Zaccaria: „Wenn ich heute darüber nachdenke, so war es eine gute Entscheidung, obwohl ich auch hier wieder viele tolle Menschen kennengelernt und äußerst fähige Mitarbeiter gewonnen habe. Mit viel Fleiß und Liebe zu unserem Handwerk schafften wir es auch dieses Mal, in kurzer Zeit einige Auszeichnungen für uns verbuchen zu können. Leider war meinem damaligen Partner nur daran gelegen, Essen und Wein zu servieren und nicht Emotionen. Er hatte den Plan, aus unserem Amarantis eine Pizzeria zu machen. Daraufhin teilte ich ihm mit, dass er das sehr gerne tun könne, aber ohne mich. Ich habe zum damaligen Zeitpunkt sechs Lokale gleichzeitig betrieben und das wurde mir einfach zu viel. Seither ist mir bewusst, dass ein Mensch alleine so etwas nicht tun kann.“

„Möchten Sie in Zukunft nochmal ein eigenes Restaurant eröffnen?“
Zaccaria: „Mai dire mai, ich denke jedoch, dass, solange ich die ‚Cantinetta’ und das ‚Procacci’ führen darf, nur diese beiden Restaurants den Mittelpunkt meines Arbeitslebens bilden.“

„Was würden Sie den Wienern gerne einmal sagen?“
Zaccaria: „Meine Wunsch an alle Menschen, die der Gastronomie frönen, nicht nur an die Wiener, lautet: Bitte unterstützt die Gastronomie indem es nicht nur um den Preis gehen soll! In keinem Land wie in Österreich kann man zu derart moderaten Preisen qualitativ so hochwertig essen. Es gäbe noch einen Punkt, den ich unseren Gästen näherbringen möchte: Bitte nehmen Sie sich Zeit um ihr Essen zu genießen! Mehr Zeit bedeutet mehr Lebensqualität. Mein aktuelles Motto, nachdem ich gerade versuche, mein Leben zu gestalten, lautet: Besser essen – besser leben. Es wäre schön, wenn die Menschen sehen würden, dass in einem guten Essen, dem Zeit gewidmet wurde, Mehr-Wert liegt als im Konsum materieller Dinge.“

Fotocredit: © Cantinetta Antinori Gastronomie GmbH/Foto Weinwurm