Hiroshi Sakai: „Was ich nie wieder machen würde…“

Wien (Culinarius)Wiener Erfolgsgeschichten

15 Jahre lang stand der Haubenkoch Hiroshi Sakai in der Küche des Restaurants „Unkai“ im 7. Stock des Grand Hotel Wiens und brachte mit seinen Gerichten ein schmackhaftes Stück Japans nach Österreich. Im Jahr 2013 machte sich der damals 56-Jährige selbständig und eröffnete das „Sakai“ in der Florianigasse im 8. Bezirk.  Dieses versteht sich als „Kappo“, wie in Japan ein Restaurant bezeichnet wird, in dem ohne viel Spektakel und Brimborium ein mehrgängiges Essen zu günstigen Preisen unter Einsatz diverser Küchentechniken serviert wird.

Die 50 Sitzplätze und die Essbar im Sakai laden neugierige Gäste dazu ein, mehr von der japanischen Küche zu entdecken, als das altbekannte Sushi. Beim „Theatermenü“ oder dem „Sushi Brunch“ wird die abwechslungsreiche Bandbreite japanischer Köstlichkeiten angeboten, begleitet von mehr als 40 verschiedene Sake und Wein. Besonders wichtig ist es dem Chefkoch Sakai, den Österreichern die kulinarische Vielfalt der japanischen Küche ein Stück näher zu bringen.

Ursprünglich kam Hiroshi Sakai wegen seiner österreichischen Frau Angela Kramer nach Wien, die er in einer Hotelfirma in Sapporo (Japan) kennen lernte, wo Herr Sakai und die studierte Japanologin gleichzeitig arbeiteten. Was wohl die wenigsten wissen: der ausgezeichnete Haubenkoch wollte zunächst Grafik-Designer werden, bevor er die Liebe zur Gastronomie entdeckte. Um mehr über die Karriere und Persönlichkeit von Hiroshi Sakai zu erfahren, traf sich Gastronews Wien für ein Interview mit ihm und seiner Frau, die dolmetschte.

Gastronews Wien: „Wollten Sie schon immer Koch werden?“
Sakai: „Als Kind noch nicht, nein. Zunächst habe ich eine Ausbildung im Grafik-Design gemacht und arbeitete nebenher in einem Restaurant in meiner Heimatstadt Sapporo. Dadurch entwickelte sich dann mein Interesse an der kulinarischen Welt, in die ich im Alter von 24 Jahren eingestiegen bin.

„Warum sind Sie im Jahr 2013 vom Küchenchef im Grand Hotel in die Selbstständigkeit gegangen?“
Sakai: „Weil ich den Österreichern gerne die japanische Küche näherbringen möchte. Dazu hatte ich im Unkai wenig Gelegenheit, da es sich in einem sehr internationalen Hotel befindet, mit Gästen aus aller Welt.“

„Kommen die Gäste, die Sie so lange im Grand Hotel bekocht haben nun zu Ihnen ins Sakai?“
Sakai: „Nur ein paar, vielleicht 5% von allen Gästen, die hierherkommen.“

„Sie haben die japanische Küche nach Österreich gebracht, was würden Sie aus Österreich nach Japan bringen, wenn Sie einmal zurückgehen würden?“
Sakai: „Als ich her kam beeindruckten mich am meisten die Schinken- und Wurstwaren. Die gibt es natürlich auch in Japan, aber die Qualität ist lange nicht so gut wie hier in Österreich. Die würde ich nach Japan bringen.“

„Hat Europa Sie in Ihrem Koch Stil beeinflusst?“
Sakai: „Natürlich, aber nicht erst, als ich hergekommen bin, sondern schon viel früher. In Japan beschäftigte ich mich mit den Küchen dieser Welt und beobachtete die französische und italienische Küche intensiv. Daraus habe ich viel gelernt und versucht, Elemente dieser zu verwenden.“

„Wie würde Ihr Leben jetzt aussehen, wären Sie in Japan geblieben?“
Sakai: „Bevor ich mit meiner Frau nach Österreich kam, war ich in einem großen Hotelbetrieb als Manager angestellt. Wäre ich nicht hierhergekommen, wäre ich also in dieser Position geblieben und dort weiter aufgestiegen. Ich wäre jetzt also wahrscheinlich nicht in der Küche gestanden.“

„Also haben Sie als Koch angefangen und dann ging es zum Hotel-Management über?“
Sakai: „Ja genau, ich habe in der Küche begonnen und bin dann relativ schnell aufgestiegen in das Management von Restaurants und Hotels.“

„Was macht Ihnen denn mehr Spaß, Restaurants bzw. Hotels zu managen oder in der Küche zu stehen?“
Sakai: „Das Planen von Restaurants war definitiv sehr spannend und abwechslungsreich, aber im Grunde meines Herzens stehe ich lieber in der Küche.“

„Die japanische Küche wird hier in Europa sehr schnell mit Sushi gleichgesetzt. Was macht die japanische Küche tatsächlich aus?“
Sakai: „Die japanische Küche ist sehr vielfältig und abwechslungsreich mit dem Fokus im Detail. In dieser Hinsicht ist die japanische Küche der französischen sehr ähnlich, die ebenfalls sehr detailreich ist und viele verschiedene Zutaten und Zubereitungsarten verwendet. Der Unterschied liegt jedoch im Aufbau des Menüs: In der europäischen Küche wird häufig zwischen Fleisch- und Fischgang unterschieden und auf der Speisekarte in Kategorien aufgeteilt. Die japanische Karte hingegen gliedert sich nach den Zubereitungsarten, wie zum Beispiel ‚gekochte Gerichte’, ‚gegrillte Gerichte’ und ‚gebackene Gerichte’. Weiterhin geht es in der japanischen Küche um ‚Umami’, die besondere 5. Geschmacksrichtung, die man nicht genau definieren kann. Jedes Gericht, das man kreiert, soll dieses ‚Umami’ hervorrufen. Das ist als Koch das Höchste, was man erreichen kann.“

„Könnten Sie als japanischer Meisterkoch auch österreichische Küche kochen?“
Sakai: „Gelernt habe ich das natürlich nicht, aber prinzipiell traue ich mir das zu, ja. Im privaten Bereich koche ich auch mal österreichisch, aber für ein Haubenrestaurant würde es wahrscheinlich nicht reichen.“

Kramer: „Als wir uns in Japan kennen lernten hat er mich mit einem Gulasch-Gericht geangelt sozusagen. Er recherchierte zuvor, wie man Gulasch kocht, denn damals hatte er mit Österreich noch nichts am Hut. Ich war die erste Österreicherin, die er in seinem Leben kennenlernte.“

„Inwieweit ist Ihr Sohn bereits ins Geschäft involviert?“
Kramer: „Im Moment gar nicht. Ein Jahr hat er als Hilfskoch bei uns gearbeitet und entschied dann, dass er nicht nur bei seinem Vater lernen kann, weil dann die Welt zu eng für ihn wäre. Er hat noch viel vor und möchte nach New York, London oder Japan, um Erfahrungen zu sammeln. Vielleicht kommt er dann irgendwann wieder, um mit seinem Vater das Restaurant zu betreiben.“

„Was bedeutet Glück für Sie im Leben?“
Sakai: „Das größte Glück ist mit der Familie zu sein.“

„Was würden Sie jetzt Ihrem 20-jährigen Ich gerne sagen? “
Sakai: „Entwickle dich immer weiter und bleib nicht stehen.“

„Haben Sie vor in Zukunft noch mehr Restaurants zu eröffnen?
Sakai: „Ich bin jemand, der immer einen Schritt weitermachen möchte. Deshalb denke ich schon daran zu expandieren, einen fixen Plan gibt es aber noch nicht. Es wäre vor allem dann vorstellbar, wenn mein Sohn sich in Zukunft dazu entschließen würde, mit mir das Geschäftsprojekt weiter zu führen.“

„Vervollständigen Sie diesen Satz: Ich würde nie wieder…“
Sakai: „Das ist schwierig, denn ich bin ein sehr positiv denkender Mensch. Es gibt nichts, was ich komplett falsch gemacht habe im Leben. Das Einzige, was mir einfällt, wäre: Ich würde nie wieder in einer großen Firma arbeiten wollen.“

 

Fotocredit: Sakai