Leo Hillinger: „Es war gut, dass ich durch den Dreck gegangen bin“

Wien (Culinarius)Leo Hillinger: 1990 übernahm der damals 23-Jährige den Weinhandel seines Vaters rund um Jois und Rust mit einer Verschuldung von 400.000 Euro zu 17 Prozent Verzinsung. Damit hatte der Winzer alles andere als einen leichten Start ins Geschäft. Im Gegenteil – Tag und Nacht musste der junge Hillinger arbeiten, um den Weinhandel wieder ins Rollen zu bringen. 2004 baute er in Jois dank eines Bankenkredits eine neue Produktionsstätte mit angeschlossenem Degustations- und Seminarzentrum, was ihn in weitere Schulden trieb. Ein Jahr später folgte der erste Flagship-Store in Parndorf.

Mittlerweile konnte Leo Hillinger die dünnen Jahre überwinden und präsentiert sich heute als eine starke Weinmarke im In- und Ausland. Neben Parndorf existieren derzeit weitere Weinshops und Lounges in Kitzbühel, Linz, Salzburg sowie in Wien Mitte „The Mall“ und in der Wollzeile. Weiterhin betreut er die Marke „Flat Lake“ bei Hofer, bei der er junge WeinbauerInnen und Winzergenossenschaften berät.

Mit dem Slogan „more than wine“ möchte Hilinger das leidenschaftliche Lebensgefühl ausdrücken, das den Wein in der Flasche begleitet. Neue Erkenntnisse und Ideen für sein Geschäft schöpfte er aus Reisen und Praktika in Deutschland, Kalifornien, Südafrika und Neuseeland. Gegen Vorwürfe, Leo Hillinger stünde als Person durch häufige Society-Auftritte mehr im Mittelpunkt als sein Wein, wehrt er sich unentwegt. Gastronews Wien hat mit dem burgenländischen Winzer gesprochen und erzählt uns, was er aus den schweren Zeiten gelernt hat und wie seine Expansionspläne aussehen.

Gastronews Wien: „Sie sind mit einem großen Schuldenberg in Ihre Karriere gestartet, was hat Ihnen Kraft gegeben, trotzdem nicht aufzugeben?“
Hillinger: „Die Naivität. Diese hat mich nicht wissen lassen, wie schlecht es mir eigentlich geht. Heute würde ich so etwas nicht mehr machen.“

„Seit 4 Jahren sind Sie nun schuldenfrei, was ist das für ein Gefühl?“
Hillinger: „Unfassbar. Ich kann es bis heute nicht glauben. Ich kann es überhaupt nicht realisieren, so unglaublich ist es.“

„Was haben Sie aus Ihren schlechten Zeiten gelernt?“
Hillinger: „Demut, Bescheidenheit, Bodenständigkeit, nicht auszuflippen und nicht arrogant zu sein.“

„Wie würde Ihr Leben heute aussehen, hätten Sie den Weinhandel Ihres Vaters nicht übernommen?“
Hillinger: „Leichter, einfacher. Wobei, vielleicht war es auch gut, dass ich durch den Dreck gegangen bin.“

„Hatten Sie schon immer eine Passion zu Ihrem Beruf?“
Hillinger: „Als Jugendlicher habe bei meinem Vater im Geschäft bereits ausgeholfen. Meine Passion und die Liebe zum Produkt entwickelte sich erst mit 18 Jahren, durch ein Praktikum in Deutschland.“

„Sie haben viele Neider – wie gehen Sie mit Negativkritik um?“
Hillinger: „Es macht mich traurig. Ich hätte gar keine Energie, um neidisch zu sein und Gerüchte in die Welt zu setzen. Das ist einfach nur dumm.“

„Wie viele Weinflaschen wurden 2015 abgefüllt?“
Hillinger: „Wir besitzen 80 Hektar Weingärten, die biologisch bewirtschaftet werden, damit füllen wir ca. 600.000 Flaschen pro Jahr ab.“

„Sie exportieren auch ins Ausland, welche Märkte sind die wichtigsten und warum?“
Hillinger: „Die Schweiz, weil sie dort Ahnung haben von gutem Wein. Außerdem sind die USA und Deutschland wichtige Märkte. Insgesamt exportieren wir in 18 Länder.“

„Soll dieser Markt noch weiterwachsen?“
Hillinger: „Nun ja, wir wollen eigentlich nicht übermäßig wachsen. Es macht keinen Sinn, aggressiv nach Flächen zu suchen. Wir KÖNNTEN zwar wachsen, MÜSSEN aber nicht unbedingt. Wir müssen schauen, dass wir das gut machen, was wir bisher haben.“

„Bekannt sind Sie für Ihren Wein, stellen aber auch andere Produkte wie Säfte, Brände und Wodka her, wie schwer ist es, diese neben dem Wein in Ihre Marke zu integrieren?“
Hillinger: „Eigentlich überhaupt nicht schwer, über unsere fast acht Shops lassen sich diese Produkte sehr gut verkaufen.“

„Fast acht Shops?“
Hillinger: „Richtig, einen eröffnen wir jetzt in München.“

„Bedeutet, Sie können sich vorstellen mit Ihren Shops noch weiter nach Deutschland zu expandieren?“
Hillinger: „Tendenziell kann ich mir das vorstellen, ja. Aber wie gesagt, wir müssen nicht unbedingt wachsen.“

„Was ist Ihnen das Wichtigste im Leben?“
Hillinger: „Familie und Gesundheit.“

Fotocredit: Weingut Leo Hillinger GmbH