„Little America“ in hellgrau

Andrea Wieger

Irgendwie ist er schon abgelutscht, der Craft Beer Trend. Irgendwo in Wien eröffnet trotzdem immer wieder ein neues Lokal das sich diesem Thema verschreibt. Und irgendwann ist auch dieser Hype wieder vorbei. Bis dahin wird aber noch gebraut und gepantscht was das Zeug hält.

Ende letzten Jahres reihte sich also eine weitere Neueröffnung in die Liste der Wiener Bierlokale, Verzeihung: Mikrobrauereien, diesmal am Alsergrund. David Beaver heißt der Mann, dem das zu verdanken ist: er ist Amerikaner, stammt aus dem Bundesstaat Michigan, der für seine Craft Beer Szene und unzähligen „Brewpubs“ bekannt ist. Nun ja, ein gutes Argument hatte er dann ja doch, dieser Mister Beaver, der sich gerne im Hintergrund hält und eigentlich Lehrer an der American International School im neunzehnten Bezirk ist.

Das Haus dient seit mehr als 130 Jahren als Gaststätte, mal als „Flucht nach Ägypten“, mal als mäßig erfolgreicher Asiate „Zur chinesischen Mauer“. Nachdem die Räumlichkeiten fünf Jahre lang leergestanden sind nun also als „Beaver Brewing Company“, inklusive Mikrobrauerei im Keller. Das Mobiliar ist neu, die Wandvertäfelung wurde von den chinesischen Vorgängern übernommen, wenn auch komplett in hellem Grau angepinselt, wie auch der Rest des Lokals. Scheint wohl im Trend zu sein. An den Wänden hängen eingerahmte Amerika-Nostalgie-Poster und dunkelbunte Fine-Art-Bilder, etwas crazy aber nett. Mehr als nett ist auch die alte, rohe Rundbögen-Decke, die für das Laienauge zu rätseln aufgibt, ob sie tatsächlich alt und roh ist oder „auf Shabby Chic getrimmt“ hergerichtet wurde.

Mit Rohstoffen von heimischen Lieferanten braut Beaver also zweimal die Woche vor Ort vier Fassbiere, die im Keller gären und von dort über Lagertanks in einer gekühlten Leitung zu den Zapfhähnen im Lokal fließen. Flaschenbiere werden nicht verkauft. In einem der beiden Gasträume sitzt man neben zwei 250-Liter-Biertanks – für all jene, die einen Beweis des Selbstbrauens sehen wollen. Zu den hauseigenen Sorten (Zwickl, Pale Ale, Oatmeal Stout und Red Ale) gesellen sich jeweils drei Gastbiere, die laufend wechseln. Um die Vielfalt der verschiedenen Craftbiere zu kosten gibt’s ein sogenanntes „Beer Flight“ (€8), was ein kleines Holzbrett mit sechs Einkerbungen für 0,1-Liter-Gläser darstellt. Das kann man sich je nach Biergeschmack bestücken lassen, eine Karte mit den durchnummerierten Biernamen wird auch beigelegt, quasi als i-Tüpfelchen zu der informativen Auskunft des gut geschulten und netten Servicepersonals (Bemerkung: es wird einem auf Augenhöhe begegnet).

Was gibt’s nun zu essen in einer Craft-Bier-Brauerei? Richtig: Fleischlaberl im Sesamweckerl, belegte Brote, Hendlhaxn und Ripperl. Na gut, es geht auch authentischer: Burger, Chicken Wings, Pulled Pork Sandwiches und Spareribs. Für die Vegetarier gibt’s Veggie Burger und Caesar Salad. Mehr Amerika geht aber nun wirklich nicht, hier in Wien. Die klassische (oder eher unoriginelle?) Auswahl halt. Mehrere Burgervarianten (darunter auch zwei vegane) stehen auf der Karte, der Mediterranean Burger (€ 12,40) ist durchaus zu empfehlen, wenngleich auch die getrockneten Tomaten die (beinahe alleinigen) Geschmacksträger sind. Die Burgerweckerln könnten etwas unzäher und nicht so zerknirscht sein, das Rindfleisch jedoch ist einwandfrei. Ebenso die gezupfte und rauchig marinierte Schweinsschulter im Pulled Pork Sandwich (€ 8,90) schmeckt echt nicht schlecht. Die gepökelte Rinderbrust fürs Pastrami Sandwich (€ 9,90) wird selbst hergestellt, die Barbecue-Spareribs (€ 12,90) gehören angeblich zu den besten der Stadt. An den Pommes sollte noch gefeilt werden, die sind leider zu unknusprig und zu fettig. Desserttechnisch serviert man beispielsweise einen Chocolate Cheesecake oder einen Apple Blueberry Crisp. Tja, was soll ich sagen … eh okay, aber auch nix Neues. An Wochentagen wird ein zweigängiges Mittagsmenü um günstige € 7,90 angeboten, amerikanisches Frühstück (jawohl … mit Speck, Eiern, Waffeln mit Ahornsirup und unendlich viel Filterkaffee) wird an Wochenenden serviert.

Typisch amerikanisch können auch Poloshirts und Pullover mit Beaver Brewing Company-Aufdruck käuflich erworben werden. Ohne dem wär wohl ein amerikanisches Lokal kein richtiges amerikanisches Lokal.

Fazit:

Ehrliches gutes Bier, durchschnittlich gutes Essen, sehr nette Bedienung. Keine großen Überraschungen, doch für einen Abend in geselliger (Männer-)Runde durchaus gut geeignet.

 

Beaver Brewing Company

Liechtensteinstraße 69

1090 Wien

Tel. 0677 610 122 53

www.beaverbrewing.at

Geöffnet: SO-DO 11:30-24:00, FR-SA 11:30-01:00 (Küche geschlossen von 15:00-18:00)